Vor ein paar Tagen verkündete Volvo, seine Fahrzeugflotte ab 2020 mit einem technischen Feature auszuliefern, das schon als Besonderheit der Automobilbranche gelten dürfte: Die Beschränkung des Tempolimits auf maximal 180 km/h.

Als Markenexperte habe ich mich sofort hinterfragt, ob diese Entscheidung, eine untypische Entscheidung für eine Automarke in Zeiten der SUVs und steigenden PS-Boliden bei gleicher moralischer Verantwortung für Umwelt und Sicherheit, richtig ist oder wie wir bei Schmid+Kreative solche Entscheidungen rechtfertigen, „Sinn macht“. Und tatsächlich, wenn eine Automarke diesen Schritt gehen kann, dann ist es der schwedische Autobauer.

"Wir möchten ein Gespräch darüber beginnen, ob die Automobilhersteller das Recht oder sogar die Verpflichtung haben, Technologie in Autos zu installieren, die das Verhalten des Fahrers ändert, um Dinge wie Geschwindigkeit, Rausch oder Ablenkung in den Griff zu bekommen", sagt Volvo-Vorstand Håkan Samuelsson. Mit diesen Worten greift Samuelsson das heilige Gut der Automobilbranche an: die Höchstgeschwindigkeit.

Unfall- und Sicherheitsexperten feiern wohl diese Entscheidungen. "Diese Entscheidung ist nicht weniger als ein Paradigmenwechsel für die Autobranche", sagt Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV). "Das ist beispielgebend für die gesamte Automobilindustrie."

Kommen wir jetzt aber zum KERN des Themas: der Marke Volvo.

Keine andere Automarke steht mehr für Sicherheit als Volvo. Aus der Internetseite lässt sich dazu entnehmen: Unser Ziel ist die Null.

Bei uns stehen Sie und Ihre Sicherheit im Mittelpunkt. Deshalb ist Ihr Leben in einem Volvo bereits heute sehr gut geschützt: So ist das Risiko, bei einem Unfall in einem unserer Fahrzeuge verletzt zu werden, seit dem Jahr 2000 um 50 Prozent gesunken. Doch genauso wie Ihnen ist uns bewusst, wie kostbar jedes einzelne Leben ist. Deshalb wollen wir die Anzahl der Menschen, die in einem neuen Volvo ums Leben kommen oder schwer verletzt werden, bis zum Jahr 2020 auf null reduzieren.

Jetzt sehen Autoexperten wie Stefan Bratzel diese Höchstgeschwindigkeitseinschränkung anders:
"Das ist eine symbolische Geste, die dem Sicherheitsimage der Marke Volvo entspricht", sagt der Direktor des Center of Automotive Management (CAM).

Symbolische Geste? Eine Marketingidee? Eine Kampagne?

Wir kennen die Markenverantwortlichen von Volvo leider nicht, um uns ein persönliches Bild von den Menschen hinter dieser Entscheidung machen zu können. Aber wenn der Markenkern „Sicherheit“ ist und man die Marke Volvo konsequent daran ausrichtet, dann ist es ein Meilenstein für Volvo, jedoch auch für die gesamte Automobilbranche. Denn keiner könnte diese Entscheidung einfacher treffen. BMW steht für Freude am Fahren. Ein Tempolimit bei BMW? (Noch) undenkbar! Mercedes, die Flaggschiffe auf den deutschen Autobahnen, die 220 Sachen wie Gleiten wirken lassen. Mit max. 180 km/h der König auf den deutschen Autobahnen? (Noch) undenkbar!

Volvo geht diesen Schritt. Und wer diskutiert darüber? Die Deutschen, weil wir ein Land sind, bei dem die Autobahn zugleich Rennstrecke ist und nicht von wenigen Touristen deshalb besucht wird. „German Autobahn“ ist ein fester Begriff für Sportwagen- und Schnellfahrerfreunde aus dem Ausland.

Die Marke Volvo geht seinen Weg weiter.

Volvo kann sich diesen Schritt erlauben. Zum einen, weil deren Kunden ein bereits sicherheitsbewusstes Klientel ist und diese somit nicht verschrecken wird, und zum anderen, weil es auf den meisten Autobahnen oder Landstraßen unserer globalisierten Welt eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 120, 130 oder 140 km/h gibt. Das Ergebnis aus dieser Entscheidung: markenorientierter Schritt und überschaubares Risiko.

Marketingidee oder Werbekampagne hin oder her. Sie fällt entlang der Markenwerte aus. Wenn man dann diese Werte auch noch ernst nimmt im Hause Volvo, Chapeau!

Für uns jetzt schon die Markenentscheidung 2019!

Was war ihre letzte Markenentscheidung?